Nieder mit Macrons Rentenreform!

Nieder mit Macrons Rentenreform!

Zwei Kurzinterviews und unsere Perspektive auf die Streiks in Frankreich

Seit Ende letzten Jahres wird in Frankreich in vielen Sektoren gestreikt. Grund dafür ist die geplante Rentenreform von Emanuel Macron, der damit seiner neoliberalen Herrschaft die Krone aufsetzen will. Die Idee das Rentensystem zu vereinheitlichen klingt erstmal sinnvoll, bedeutet aber im Klartext für viele Menschen, dass sie länger arbeiten müssen und sogar Geld verlieren. Das ist nur eine von Macrons Sparmaßnahmen, die er an den Arbeiter_Innen Frankreichs vornimmt, um den französischen Imperialismus wieder wettbewerbsfähiger zu machen. Für die Menschen bedeutet das eine weitere Prekarisierungswelle weiter Teile der Gesellschaft. Diese Sparmaßnahmen sorgen auf kurz oder lang nur dafür, dass die Armen ärmer und die Reichen reicher werden.

Was sagen die Aktivist_Innen dazu?

Interview mit einem italienischen Studierenden im Kampf gegen die neoliberale Rentenreform Macrons.

Seit wann streikst du und warum?

Ich streike seit dem 5 Dezember, dem Tag, an dem die erste nationale Mobilisierung stattfand. Auch wenn ich selbst in Frankreich nicht betroffen bin, von der Rentenreform, gab es ähnliche Reformen in

Was ist das Problem mit der Rentenreform? Warum treibt es die Menschen auf die Straße?

Die Menschen befinden sich im Streik, da sie bares Geld verlieren und länger arbeiten werden müssen. Mit dieser Reform sollen die Renten prekarisiert werden. Für mich ist das ein Angriff auf die soziale Sicherheit und bedeutet die Privatisierung der Rente. Diese Reform führt auch zu einer geringeren Solidarität zwischen den Arbeiter_Innen.

Wer streikt gerade?

Die Sektoren, die sich schon lange am Streik beteiligen sind der Gesundheitssektor, die Müllmänner, die Eisenbahner_Innen, Leute aus dem Unibetrieb wie Studierende, Transportsektor, Raffinerien und auch Leute in Atomkraftwerken sollen dazukommen.

Dafür das das so viele sind, merkt man das im alltäglichen Leben aber nicht so, oder?

Naja, es ist natürlich schwierig eine ganze Stadt wie Paris lahmzulegen, aber den Streik der Bahn hat man schon bemerkt. Und in kleineren Städten ist es vor allem auffällig, dass der Müll nicht mehr abgeholt wird. In Nantes oder Reims zum Beispiel.

Außerdem gibt es gerade so eine Art Stillstandssituation an der sich beide Seiten nicht bewegen wollen. Die Regierung will die Reform nicht wirklich aufgeben, aber die Streikenden wollen auch nicht einen Schritt weitergehen und alles blockieren. Es ist eben noch kein Generalstreik.

Und warum nicht?

Gerade, diejenigen, die sich nicht betroffen fühlen, beteiligen sich nicht, bspw. viele Studierende, streiken nicht. Sie denken, auch die Rente, die ist doch noch weit entfernt. Sie wollen dafür nicht schlechte Noten kassieren oder einen Kurs nicht bestehen. Für viele würde das nämlich bedeuten, dass sie ihren Studienkredit verlieren und zurückzahlen müssten.

Wie geht ihr mit Nationalist_Innen und Co. um die als Antwort auf den Angriff von Macron sich gegen Migrant_Innen oder einen Austritt aus der EU stark machen?

Es gibt diesbezüglich viel Propaganda. Es ist für die Menschen oft die „einfachere Antwort“. Ich finde es wichtig aufzuzeigen, dass es nicht entweder Neoliberalismus oder Populismus ist.

Warum sollten auch Studierende streiken? Was können Sie bewegen?

Die Studierenden, die jungen Leute sind die, die oft neue Ideen reinbringen, was sehr wichtig ist. Außerdem ist es ein starkes Signal an Macron, wenn sie sich solidarisieren, denn das möchte er nicht. Nur weil du nichts produzierst, heißt es nicht, dass du nicht streiken solltest.

Fragen und Antworten an einen Gewerkschafter aus dem Bildungssektor (SNE, SUP, FSU):

Spruch der Gewerkschaftskooperation aus SNE, SUP, FSU zum Streik: „Die Jugend steckt in großen Schwierigkeiten, die Arbeitenden prekarisiert, die Alten in der Misere, in ein einer Gesellschaft, die wir nicht wollen.“

Warum streiken Sie?

Vor allem wegen der Universitätsreform. Gleichzeitig bin ich natürlich interessiert an der Rentenreform. Macrons Reform soll ein ähnliches System wie in Deutschland errichten. Für mich gehören der Protest gegen die Rentenreform und gegen die Universitätsreform zusammen.

Was ist das Ziel von Macrons Reform?

Ich weiß es nicht genau was sein Ziel ist, aber das Resultat ist klar. Nämlich eine Zerstörung des öffentlichen und kostenlosen Bildungssektors. Er möchte liberalisieren, deregulieren und er möchte keine permanente Finanzierung der Universitäten und Forschungseinrichtungen. Nach Macron soll Forschung nur in limitierten Projekten von 3-6 Jahren mit dem entsprechenden Budget stattfinden. Danach stehen die Forscher_Innen ohne Arbeit da.

Haben Sie auch gegen das Arbeitsgesetzt (Loi El Khomri) damals protestiert? Was sind die Lehren aus diesen Streiks?

Naja, vor allem das wir nicht gewonnen haben. Ebenso das die Politik nicht auf die Gewalt auf der Straße hört.

Was ist die Rolle der Gewerkschaftsführung?

Persönlich würde ich sagen, dass die Führung die Bewegung begleitet. Wir brauchen Leute die diskutieren.

Gewissermaßen sitzen wir doch alle in einem Boot, bspw. Deutschland hat es auch solche neoliberale Reformen gegeben. Sollten wir nicht an die anderen Länder appellieren auch auf die Straße zu gehen?

Das was jetzt in Frankreich passiert, kann man nicht mit der Lage in Deutschland vergleichen.

Wie gewinnen? Perspektiven auf die Streiks in Frankreich

Macrons Politik- entlarvt den neoliberalen „König“!

Macrons Reform kommt nicht von ungefähr, seit Jahren fordern Unternehmer_Innen eine Anpassung des Rentensystems. Die Rentenreform, die weiterhin Zugeständnisse an bestimmte Gruppen bspw. Teile der Polizei, Pilot_Innen, Operntänzer_Innen macht, wird nicht nur eine Prekarisierung herbeiführen, sondern ist auch ein strategischer Schachzug Macrons die unterschiedlichen Aktivist_Innen zu brechen. Das wäre ein Schlag ins Gesicht der französischen Arbeiter_Innenbewegung, die sich bspw. von Deutschland insofern unterscheidet, dass sie eine starke Kampfkraft auf der Straße hat, aber es auch immer wieder Solidaritätsaktionen gab. Eben jene Solidaritätsaktionen- die im deutschen Arbeitskampf im Übrigen unzulässig sind und daher selten bzw. höchstens von vereinzelten Schüler_Innen/Studierenden vorkommen- machen die Streiks und Demos so groß und stark.

Generalstreik statt Stillstand!

Die französische Arbeiter_Innenklasse ist stark. Im Vergleich zu anderen Ländern treibt es sie öfter und in größerer Zahl auf die Straße. Bedenkt man in wie vielen Sektoren gestreikt wird, scheint das eine gute Basis Forderungen zu stellen. Doch nationale Aktionstage beeindrucken die französische Regierung schon seit langem nicht mehr. Nach ein paar Wochen oder spätestens ein paar Monaten gab es einen Deal zu Ungusten der Arbeiter_Innenklasse. Nur ein Generalstreik im ganzen Land kann zeigen in wessen Händen tatsächlich die Macht liegt. Macron knickt nicht ein? Dann wird einfach mal der Strom im Elysée Palast ausgeknipst oder große Fabriken tagelang lahmgelegt. Doch vor allem die Gewerkschaftsführung steht dieser Option im Weg. Auch wenn sie vergleichsweise wenig Mitglieder haben, hätten sie die Mittel zum Generalstreik aufzurufen. Außerdem wäre dies ein Zeichen, das die Massen mobilisieren würde. Die Führung muss von der Basis dazu gedrängt werden eben diesen Weg zu gehen!

Ersetzt die Arbeiter_Innenaristokratie!

Trotz der geringen Anzahl an Organisierten in Frankreich haben die Gewerkschaftsführungen, u.a. der „kommunistischen“ CGT, das letzte Wort. Sie werden von der Regierung als sog. Vermittler_Innen eingesetzt. Doch das einzige was sie vermitteln können ist, dass sie viel gewillt sind zu tun, um ihren eigenen Arsch, der sich sehr wohlfühlt in den gutbezahlten Chefsesseln, nicht in Gefahr zu bringen. Daher knicken sie immer wieder ein. Letztes prominentes Beispiel: Der Kampf der französischen Arbeiter_Innen gegen das Arbeitsgesetzt 2016. Anstelle dessen braucht es mittelfristig gesehen eine Basisgewerkschaft. Streikkomitees in jedem Betrieb sind hier gefragt. Denn die Durchsetzungsgewalt, die die französischen Arbeiter_Innen erst hätten, wenn sämtliche Betriebe Delegierte aufstellen, die letztlich in einer Rätestruktur zusammengeführt werden, ist enorm. Wer braucht denn da noch konterrevolutionäre Gewerkschaftsführungen?! Diejenigen, die die Reformen tatsächlich betreffen müssen über Mittel und Wege entscheiden können, wie das Ziel erreicht werden kann! Perspektivisch lässt sich nur so eine Doppelmachtposition, sprich eine Gegenmacht gegenüber dem (französischen) Staat aufbauen, die nicht Gewerkschaftsführungen überflüssig macht, sondern auch der erste Schritt den bürgerlichen Staat selbst überflüssig zu machen. Die Arbeiter_Innen auf der Straße interessiert es nicht, ob die Gewerkschaftsführung, wenn sie nicht einknickt, Kohle verliert. Ob sie in der Rente verarmen oder gar hungern müssen schon.

In Europa und darüber hinaus: Internationalismus ist unsere Antwort!

Es reicht nicht in Frankreich gegen die neoliberale Politik Macrons auf die Straßen zu gehen. Weite Teile Europas haben in den letzten Jahren und Jahrzehnten neoliberale Spar- und Repressionsmaßnahmen durchlaufen. Von Thatcher über die Hartz-IV-Reform bis hin zu den Sparzwängen, den man Griechenland auferlegt hat. Bei Macrons Angriffen handelt es sich nicht um ein nationales Problem mit dem die französischen Arbeiter_Innen konfrontiert sind. Es als solches zu verstehen wäre ein falsches Zeichen und spielt vor allem den Nationalist_Innen in die Hände, die ihre Arbeit damit getan sehen gegen Ausländer_Innen zu hetzen. Nationale Lösungen helfen nicht bei internationalen Problemen. Das Problem ist das System. Von Anfang an war die EU in erster Linie als imperialistischer Block, auf ökonomischer und politischer Ebene, geplant. Doch die nationalen Imperialismen allen voran Deutschland, Frankreich und Großbritannien wolle natürlich ihren eigenen, lukrativeren Platz an der Sonne. So lange die Länder um Profit wetteifern kann ein solches Konstrukt, auch wenn die Arbeiter_Innen immer durch neue Maßnahmen unter Druck gesetzt werden nicht funktionieren. Die Rentenreform in Frankreich, der Brexit in Großbritannien, all das sind nur Symptome des kapitalistischen Systems, was in sich selbst widersprüchlich ist. Wir dürfen unsere französischen Freund_Innen, die jetzt gegen die Art der Prekarisierung auf die Straße gehen, die wir in Deutschland mit der Einführung von Hartz IV nicht verhindern konnten, ebenso wenig im Stich lassen wie diejenigen in Europa die jetzt schon von den immer stärker werdenden Rechtsextremen als Sündenbock für die schlechte Lage verantwortlich gemacht werden. Der Kampf gegen Prekarisierung gehört genauso zusammen wie der Kampf gegen Rassismus oder für freie Bildung. Jetzt heißt es Kämpfe verbinden über Grenzen hinweg!

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