Studentenproteste in Quebec – Keine Kompromisse, Generalstreik Jetzt!

Am 13. Februar traten in Québec (Kanada) zehntausende von Student_innen in den Streik, der nach wie vor andauert und bereits mehrere 100´000. erfasst hat. Der Anlass waren die von der Regierung geplanten Kürzungen und den damit verbundenen Erhöhungen der Studiengebühren. Diese würden die Studien- und Lebensbedingungen für Jugendliche – besonders aus Arbeiterfamilien – drastisch verschlechtern und für viele ein Studium verunmöglichen.  Wie die Aktivist_innen in Quebec kämpfen, warum es nicht nur um Bildung geht und wie der Widerstand ausgeweitet werden und erfolgreich sein kann, erklärt Felix Borscht.

Allein die Tatsache, dass die Regierung per Gesetz das Recht auf Protest weitgehend ausgehebelt hat, zeigt das es um mehr geht als nur die Studiengebühren. Es ist ein Agriff auf die gesamte Arbeiterklassem, der mit dem Widerstand der gesamten kanadischen Arbeiterklasse beantwortet werden muss!

Aktuell zahlt ein_e Student_in in Québec $2168 Studiengebühr pro Jahr, diese Gebühr soll nun auf $3793 erhöht werden. Der Finanzminister von Québec, Raymond Bachand, nannte diese Angriffe der Herrschenden aus Wirtschaft und Politik eine „Kulturelle Revolution“. Die Bewegung sieht darin einen enormen Einschnitt in ihre Rechte und ihre Lebenssituation. Wie so oft sind erhöhte Studiengebühren nur die Vorboten für Kürzungen und Privatisierungen in anderen sozialen öffentlichen Einrichtungen wie z.B. dem Gesundheitswesen, welche dann nicht nur die Student_innen sondern die gesamte lohnabhängige Bevölkerung hart treffen werden.

Die Regierung tut alles um die Bewegung zu kriminalisieren, zu spalten und niederzuhalten. Die Student_innen spüren die Repression auf der Straße durch Verhaftungen, Knüppel, Tränengas und Gummigeschosse. Am 18. April wurde der Campus der Université du Québec en Outaouais (UQO), welcher bis dahin unter der Eigenkontrolle der Aktivist_innen gestanden hatte, von der Polizei brutal gestürmt und geräumt, Demonstrationsverbote wurden verhängt.

Doch die Studentenbewegung in Québec kann mit insgesamt 8 „Generalstreiks“ auf eine lange Geschichte des Protests zurück schauen. So gab es bereits 1968 Widerstand gegen Kürzungen im Bildungsbereich, der letzte Streik fand im Jahre 2005 statt. Er dauerte acht Wochen und wurde von über 230.000 Student_innen unterstützt. Obwohl er damit den größten und wichtigsten Studentenstreik in der Geschichte Québecs darstellte, endete er nur mit einem Teilerfolg für die Protestierenden. Angebote der Regierung, wie z.B. die Gebührenerhöhung innerhalb von nur 5 anstatt 7 Jahren zu vollenden wurden abgelehnt: zurecht!

Auf dem Bild sieht man ein Banner der radikaleren Studierendengewerkschaft CLASSE.

So ist auch das neueste „Entgegenkommen“ – die Erhöhung für sechs Monate einzufrieren,ein Versuch der unter Druck geratenen Regierung die Bewegung zu demoralisieren und den Widerstand zu brechen. Dann wäre der weg frei, auch den Rest des Sozialsystems zu „reformieren“.

Organisiert wird der Streik vor Allem von den Student Unions, welche sich in überregionalen Verbünden wie der FEUQ (Fédération étudiante universitaire du Québec) und der radikaleren CLASSE (Coalition Large de l’Association pour une Solidarité Syndicale Étudiante) zusammengeschlossen haben; zusammen repräsentieren sie über 200.000 Student_innen. Von CLASSE kam auch der Aufruf zu einem „sozialen Generalstreik“. Dies ist ein Versuch den Protest und seine politische Wirkung zu verstärken und ihn auf andere, breitere Schichten der Jugend und Arbeiterklasse auszuweiten

Vollkommen zurecht, denn die Kürzungen der Regierung, die im Zusammenhang mit der Krise stehen, werden nicht nach der weiteren Zerschlagung des Bildungssystems aufhören. Kapital und Regierung würden eine Niederlage der jetzigen Bewegung nutzen, um weitere und schärfere soziale Sparmaßnahmen gegen die breite Masse der Lohnabhängigen zu beschließen.

Studierende und breitere Schichten der Jugend können gemeinsam mit der Arbeiterklasse nicht nur die Sparprogramm stoppen, sondern auch in die Offensive gehen und ein internationales Zeichen gegen die Angriffe der Kapitalisten setzen. Der 16. Mai, an dem über 200´000 in der Innenstadt Quebecs demonstrierten, zeigt das deutlich!

Gerade deshalb ist es so wichtig die Gewerkschaften und vor allem deren Basis für die gemeinsame Aktion der Student_innen und Arbeiter_innen zu gewinnen. Damit würde der Protest eine neue Ebene erreichen und einen ernsthaften Konflikt zwischen den Vertretern der herrschenden Klasse und den unterdrückten Massen provozieren, dessen Ziel es sein sollte die Regierung Raymond Bachands zu stürzen. So kann und muss der Kampf gegen die Sparmaßnahmen zum gesellschaftlichen Kampf gegen den Kapitalismus ausgeweitet werden.

Ein erstes Anzeichen der praktischen Unterstützung war eine 200.000 Teilnehmer_innen starke Demonstration vom 26. März, organisiert von Gewerkschaften quer durch die Innenstadt Québecs.

Jetzt kommt es darauf an, unabhängige Streikkomitees der Studenten_innen und Arbeiter_innen in und über Quebec in ganz Kanada aufzubauen, in denen nächste Aktionen vorbereitet werden und ein Aktionsprogramm gegen die Kürzungen und die Regierung diskutiert und beschlossen werden können.

Momentan ist die Bewegung am stärksten – jetzt ist nicht die Zeit für Kompromisse, die einige der Führer der Bewegung bereits anbahnen. Sollten diese die Bewegung verraten, müssen sie abgewählt und durch Aktivisten ersetzt werden die eng mit der Basis verbunden sind, entschlossen gegen die Kürzungen und für ein revolutionäres Programm kämpfen wollen!

Ein Artikel von Felix Borscht, REVOLUTION-Stuttgart

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