REVOLUTION Dresden
Am vergangenen Freitag und Samstag, den 15./16. Januar 2016, trafen sich rund 150 Aktivist_innen in Dresden auf Initiative von „Dresden Nazifrei“. Zur stattfindenden Strategiekonferenz hatten neben der Linkspartei, ver.di, der Gewerkschaftsjugend von IG Metall, GEW und DGB sowie der linksjugend auch die Grünen samt ihrer Hochschulgruppe und unterschiedliche Stiftungen – darunter auch die Rosa-Luxemburg-Stiftung – eingeladen. Obwohl viele Jugendorganisationen die Konferenz mit unterstützten, war die Teilnahme doch eher von älteren Menschen geprägt. Die jüngsten Teilnehmer_innen waren großteils Student_innen und von einer großen Anzahl an Schüler_innen oder gar gewerkschaftlich organisierten Arbeiter_innen fehlte jegliche Spur.
Die gesamte Gestaltung der Strategiekonferenz lief von vornherein auch eher darauf hinaus, viele unterschiedliche Themen so breit und unverbindlich wie nur möglich zu debattieren. Dies wurde nicht nur in den einzelnen Tagesordnungspunkten deutlich, sondern auch in den zusammenfassenden Plenarversammlungen und der Tatsache, dass von Beginn an kein weiterführender Plan zur Diskussion stand. Vielmehr wurde peinlichst genau darauf geachtet, auf praktische Vorschläge und konkrete Perspektiven für den Aufbau einer Bewegung gegen PEGIDA zu verzichten. Der Grund hierfür ist sehr einfach.
Es herrscht anscheinend die Ansicht vor, dass ein so breit aufgebautes Bündnis wie „Dresden Nazifrei“ nur überleben könne, wenn es Themen oder verbindliche Absprachen umgeht und offene Konflikte zwischen den einzelnen Bündnispartner_innen unter den Tisch gekehrt werden. Deutlich zeigte sich dies, als von einzelnen Seiten (darunter auch uns) öffentliche Kritik in den Plenardebatten an der fehlenden Mobilisierung der Gewerkschaften gegen PEGIDA geübt wurde. Der Organisationskreis sowie auch dessen radikale Teile waren schnell dabei, ihre Bündnispartner_innen in Schutz zu nehmen, würden diese Organisationen mit ihren finanziellen Mitteln doch gerade erst eine solche Strategiekonferenz ermöglichen. Die linksradikalen Menschen von Dresden Nazifrei beißen somit die Hand nicht, die sie füttert. Mit prinzipienfester Politik und Freiheit der Kritik hat das aber nicht viel zu tun.
Es wurden somit über zwei Tage hinweg über Themen von „PEGIDA – eine ethnologische Analyse“, „Presse – Pegida – Proteste. Analysen, Kritik und Vorschläge zum Sprachgebrauch“, bis hin zu „Wöchentlicher Protest vs. punktuelle Großdemos“ oder „Radikale Linke vs. bürgerlicher Protest gegen Rechts“ diskutiert. Die meisten Lesungen und Workshops machten eher den Anschein einer wissenschaftlichen Versammlung als einer aktionsorientierten Konferenz, welche sich über praktische Schritte im Kampf gegen die aufkommende rassistische Gefahr verständigen sollte. Zwar ist es wichtig, sich über das zu unterhalten, was hinter PEGIDA steckt, welchen Charakter PEGIDA besitzt sowie wie das Ausbleiben einer großen Gegenmobilisierung überwunden werden kann. Jedoch sollten hierbei immer ein gemeinsamer Aktionsplan und praktische Perspektiven im Vordergrund stehen. Dies führt dazu, dass Menschen motiviert und mit einem bestimmten Ziel aus solch einer Konferenz nach Hause fahren, um informiert und mit neuem Wissen in ihren Städten Politik vorantreiben zu können.
Unserer Meinung nach wäre es nötig gewesen, im Rahmen einer Aktionskonferenz den Fokus darauf zu legen, was unsere unmittelbaren nächsten Schritte gegen die rassistische Bewegung darstellen müssten. Der Fokus einer solchen Konferenz hätte nicht so sehr darauf gelegen, wie die unterschiedlichen Teile PEGIDA analysieren, sondern mehr darauf, was die Vorstellungen der praktischen Schritte sind und wer für das erreichen dieser Ziele noch dazu gewonnen werden muss. Hier hätte sich die Konferenz kritisch und beschlussorientiert mit folgenden Fragen auseinandersetzen müssen: Wollen wir ein breites, klassenübergreifendes Bündnis oder ein Bündnis der Arbeiter_Innenorganisationen, der Migrant_innenorganisationen und linken Organisationen – also eine Einheitsfront – aufbauen? Wie mobilisieren wir für unsere Proteste und ermöglichen anhaltende Arbeit? An welcher Perspektive soll sich eine kontinuierliche Arbeit orientieren?
Diese Fragen haben wir von REVOLUTION versucht, anhand des Beispiels des geplanten Schulstreiks am 28. April 2016 in die Konferenz zu tragen. Wir haben einerseits das Diskussionspapier von „Jugend gegen Rassismus“ als Flyer verteilt, in unterschiedlichen Redebeiträgen auf das Jugendbündnis und den geplanten Schulstreik am 28. April 2016 hingewiesen und die anwesenden Aktivist_innen und Gruppierungen zur Mitarbeit aufgefordert. Leider konnte sich die Strategiekonferenz als Ganzes an diesem Wochenende nicht dazu entschließen, den Vorschlag zu unterstützen. Es wurde sich jedoch positiv von Seiten der SAV darauf bezogen sowie von Einzelpersonen Interesse angemeldet.
„Jugend gegen Rassismus“ stellt unserer Meinung nach ein gutes Beispiel dar, Antworten auf die oben angesprochenen Fragen zu finden. Die Aktion des Schulstreiks, organisiert durch aktive Basiskomitees an Schule, Uni und im Ausbildungsbetrieb, hat die Möglichkeit, nicht nur mehrere tausend Menschen gegen PEGIDA und Co auf die Straße zu bringen. Diese Aktion kann auch dazu benutzt werden, um durch Basiskomitees in den Bildungseinrichtungen, politische Themen in den Lebensmittelpunkt vieler Menschen zu tragen und durch den Aufbau langfristiger Strukturen die Möglichkeit geben, sich im alltäglichen Leben mit Auswirkungen des wachsenden Rassismus zu beschäftigen und dagegen Aktionen durchzuführen. Die Idee des Schulstreiks beantwortet somit die beiden zentralen Fragen, welche auf der Strategiekonferenz von Dresden Nazifrei hätten diskutiert werden sollen: „Welche Aktion wollen wir?“, „Wie mobilisieren wir?“ und „Wie bilden wir eine antirassistische Bewegung?“