Defender 2020 abgesagt, aber der Kampf gegen Militarismus geht weiter!

Florian Schwerdtfeger

Ein Gutes hat die Corona-Pandemie doch: Der größte Truppenübung gegen Russland seit 25 Jahren musste abgesagt werden. „Defender 2020“ hieß die militärische Giga-Übung der NATO. Gar nichts davon mitbekommen? Kein Wunder, während die Bundesregierung versucht hat, keinen großen Wirbel um das Thema aufkommen zu lassen, haben antimilitaristische Linke und Friedensbewegungen es nicht geschafft, eine größere gesellschaftliche Protestdynamik um das Thema herum zu entwickeln. Die Linkspartei hat es zu einem Lippenbekenntnis gebracht und das Manöver kritisiert. In einigen Städten gab es Demonstrationen. Aber eine groß angelegte Mobilisierung gegen Defender gab es nicht. Was die Kriegsgegner_innen nicht geschafft haben, hat nun ein Virus erledigt: „Defender 2020“ wurde abgesagt.

Doch was war eigentlich geplant? Das NATO-Manöver sollte nicht nur die letzten großen Übungen der NATO übertrumpfen, wie z.B. das Kampfmanöver in Norwegen 2018, sondern sollte auch das größte seit dem Kalten Krieg werden. Dabei sollte trainiert werden, wie schnell Truppen und Material aus den USA in das Baltikum und Polen verlegt werden können, was zufälligerweise strategisch wichtige Orte in einem Krieg gegen den traditionellen Erzfeind Russland wären. Auch wenn Generalleutnant Martin Schelleis erklärte, dass Russland nicht Anlass der Übung sein solle, ist es mehr als deutlich, dass es sich um ein Abschreckungs- und Vorbereitungsmanöver handelt.In Militärkreisen wurde von ungefähr 37.000 Soldat_Innen vorrangig aus den USA und rund 20.000 Stück an Materialien wie Waffen und Fahrzeugen gesprochen. 5500 US-amerikanische Streitkräfte sind aufgrund der Absage der Militärübung letztlich nur gekommen und sollen nun wieder rückgeführt werden.

Auch die deutsche Verteidigungsministerin AKK hatte sich schon darauf gefreut, kräftig mitzumischen. Neben der Beteiligung einiger tausend Bundeswehrsoldat_Innen wollte Deutschland seine geostrategische Position vor allem zur zentralen Verkehrsdrehschreibe und zum militärischen Logistikzentrum ausbauen. Dieses Vorgehen beruht ganz auf der neuen Doktrin, die in den letzten Jahren von Bundespräsident und Verteidigungsministerium ausgegeben wurden: Schluss mit der „Kultur der militärischen Zurückhaltung“, Deutschland müsse „mehr Verantwortung auf der Weltbühne übernehmen“. Nach der letzten Wirtschaftskrise hat sich der Kampf unter den führenden imperialistischen Mächten um das größte Stück eines kleiner werdenden Kuchens verschärft. Der Ton ist rauer geworden, multilaterale Abkommen wurden aufgekündigt. Zwischen den USA und China entbrennt ein Handelskrieg, der auch die EU in die Auseinandersetzung hineingezogen hat. Im syrischen Bürger_Innenkrieg, schon lange ein Stellvertreter_Innenkrieg, kommt es zu direkten militärischen Konfrontationen zwischen Russland und der NATO-Partnerin Türkei. Auch das deutsche Kapital bangt nun um seinen Platz an der Sonne und greift zu zunehmend aggressiveren Methoden.

Über 2,5 Millionen Euro hat die Bundesregierung allein für die deutsche Beteiligung klar gemacht. Wie viele Corona-Test-Kits, Beatmungsgeräte oder Lohnerhöhungen für schwer arbeitende Pflegekräfte auf den Intensivstationen hätte man damit wohl finanzieren können? Der Bundesregierung scheint die militärische Absicherung deutscher Profitinteressen wohl wichtiger zu sein als die Rettung von Menschenleben. Mal abgesehen von der massiven Klimabelastung, die entsteht, wenn zehntausende Soldat_Innen und tausende Tonnen von Panzern und Kriegsgerät über den halben Erdball transportiert werden. Wie viele Steuergelder werden allgemein verbrannt, zuerst um überhaupt ein Militär auf die Beine zu stellen, es zu unterhalten und dann auch noch um die Infrastruktur der Länder wieder Instand zu setzen, weil die Transporte die Straßen und Schienen, mehr belasten als der übliche Verkehr?

Als kommunistische Jugendorganisation treten wir für die Entwaffnung und Abschaffung aller Armeen und Heere von kapitalistischen Staaten ein. Ihre Funktion ist es, die wirtschaftlichen und geostrategischen Interessen von kapitalistischen Nationalstaaten auf brutale und mörderische Art und Weise zu verteidigen. Diese Interessen sind nicht die unseren, da nicht Volk und Vaterland, sondern allein die internationale Solidarität der Unterdrückten und Ausgebeuteten uns befreien kann. Die Arbeiter_Innenklasse und besonders die Jugend sind die ersten, die im Kriegsfall hungern müssen und die an die Front zum Sterben geschickt werden. Dadurch liegt es aber auch in ihrer Macht den Krieg zu beenden, so wie es die Kieler Matrosen im 1. Weltkrieg getan haben.

Obwohl die NATO-Manöver eine Aggression gegenüber Russland darstellen, dürfen wir nicht in die Falle tappen, in Putin den großen antiimperialistischen Helden zu sehen. Stalinistische Organisationen wie die SDAJ oder DKP vertreten eine solche Position. Für uns stellt das Russland von heute jedoch eine ebenso imperialistische Macht dar, wie es die USA, Deutschland oder Großbritannien sind. Wir vertreten in Kriegen eine Position, welche darauf abzielt, jene Handlungen zu unterstützen und zu fordern, welche die Welt näher an das Ziel der sozialistischen Revolution bringen. Das heißt, dass wir im Falle eines Krieges zwischen NATO und Russland für die Niederlage beider imperialistischer Mächte (bzw. Militärbündnisse) eintreten, um den Kampf der Nationen in einen Kampf der Klassen umzuformen. Dies tun wir, weil bei einer Niederlage die Klassenwidersprüche in der entsprechenden Nation zugespitzt werden und die Illusion der nationalen Einheit von Unternehmer_Innen und Arbeiter_Innen zerbricht. Denn keine imperialistische Macht soll Siegerin über die andere sein, sondern die unterdrückten Massen müssen die Schwäche der Kapitalist_Innen im Kriegsfall ausnutzen, um sich von der Unterdrückung zu befreien und eine sozialistische Rätedemokratie aufzubauen.

Praktisch heißt das für uns, jegliche Militarisierung in Deutschland immer und überall zu bekämpfen. Das kann heißen, Großdemos zu organisieren, wenn ein neuer Militäretat anstelle eines Ausbaus der Krankenhäuser beschlossen wird. Das muss aber auch heißen, dort wo wir uns tagtäglich bewegen, also in unseren Schulen, Unis und Betrieben, für Antimilitarismus einzutreten. Wenn der Geschichtslehrer mal wieder von der einstigen Stärke der deutschen Wehrmacht schwärmt, sollten wir unseren Mund aufmachen und Kontra geben! Kommt das nächste Mal ein Bundeswehroffizier in den Ethikunterricht, um fürs Sterben zu werben, könnten wir Blockadeaktionen oder Flashmobs organisieren. Antimilitarismus hat viele Gesichter aber ein Motto: Nie wieder Krieg!

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