Gemeinsam gegen die NATO! Bericht der internationalen Delegation aus Den Haag

Yorick F./Flo R. Gebhard, zuerst veröffentlicht in der Infomail 1285 der Gruppe Arbeiter:innenmacht, 27. Juni 2025 – 5 Minuten Lesezeit

Vom 23.06. bis 25.06. fand der 38. NATO-Gipfel in Den Haag statt. Rutte, Trump, Merz, Macron und Co. fanden sich in der Stadt des Internationalen Gerichtshofs ein – nicht, um dort für ihre zahllosen Kriegsverbrechen zur Rechenschaft gezogen zu werden, sondern um noch viel mehr davon vorzubereiten.

Mit dem Beschluss, alle NATO-Staaten dazu zu verpflichten, 5 % des BIP jährlich in Rüstungsausgaben zu stecken (in der BRD immerhin etwa die Hälfte des gesamten Bundeshaushalts), beschloss die NATO ein seit dem Kalten Krieg beispielloses Aufrüstungsprogramm. Historisch war auch das Aufgebot der niederländischen Polizei in Den Haag: Bereits ab dem 20.06. waren über 30.000 Bullen im Einsatz, damit etwa die Hälfte der gesamten niederländischen Polizei (!).

Protest gegen den NATO-Gipfel

Zu diesem Anlass versammelten sich am Wochenende des 21. und 22. Juni Aktivist:innen gegen die Kriegsanstrengungen der NATO. Wir selbst waren mit einer Delegation von Genoss:innen der Jugendorganisation Revolution und der Gruppe Arbeiter:innenmacht am Wochenende in Den Haag, um am Gegengipfel der „tegentopcoalitie“ (Gegengipfelkoalition) und der Demonstration am Tag danach teilzunehmen. Dieser wurde vor allem von der „Nieuwe Vredesbeweging“ (Neuen Friedensbewegung), ROOD – Socialistische Jongeren (ROT – Sozialistische Jugend; bis zum Bruch 2021 Jugendorganisation der SP) sowie der Revolutionair Socialistische Partij (Revolutionär-Sozialistische Partei; RSP) organisiert. Dieser war einer von 3 parallel stattfindenden Gegengipfeln. Obwohl er maßgeblich von kleinbürgerlichen Friedensaktivist:innen dominiert wurde, haben wir auf Einladung von ROOD an diesem Gipfel teilgenommen. Nicht ausschlaggebend war für uns das Programm und die soziale Zusammensetzung des Gegengipfels, sondern vielmehr die Möglichkeit, mit jungen Internationalist:innen aus verschiedenen Ländern in Kontakt zu kommen und mit ihnen über Analysen, Strategien und Forderungen sowie praktische nächste Schritte gegen die NATO-Aufrüstung zu diskutieren. Allein dafür hat es sich definitiv gelohnt! Wir konnten produktive Diskussionen mit Genoss:innen aus Ungarn, Serbien, Slowenien, Luxemburg, Belgien und vor allem den Niederlanden führen und uns somit bereits am Rande des Gegengipfels über mögliche Zusammenarbeit austauschen und die Erfahrung unserer Arbeit gegenseitig teilen.

Im des Aufrufs zum Gegengipfel erkennt man, dass sich die NATO zu einem Entscheidungstreffen zusammenfindet. Da wurde selbst der Fokus lieber auf große Namen gelegt, statt ebenfalls zu entscheiden, wie man sich den Kriegsplänen widersetzen kann. Obwohl Jeremy Corbyn nicht kommen konnte und wir so nur die Videobotschaft zu sehen bekamen, durften wir z. B. Redner:innen wie dem Vorsitzenden der belgischen Partei der Arbeit zuhören. Trotzdem bespielte der Gegengipfel durchaus interessante Themen, ob über die Lage in Palästina und den Nahen und Mittleren Osten, die Verbindung zu anderen sozialen Bewegungen oder konkrete Panels zum Kampf gegen die NATO international. Nebenbei wurden wir als einzige Delegation aus Deutschland mehrfach gefragt, ob es diese „Antideutschen“ eigentlich wirklich gäbe, da dies den meisten Personen berechtigterweise zu absurd schien, um wahr zu sein. Denn verdeutlicht wurde an dem Wochenende, als unsere Genoss:innen in Berlin gleichzeitig mit 50.000 für Gaza demonstrierten, noch mal, dass außerhalb der BRD in der Linken der Grundkonsens auf der Solidarität mit Palästina liegt.

Trotz interessanter Themen gab es in den Workshops einige klare politische Schwächen, welche den Gegengipfel prägten: Zum einen gab es nur sehr begrenzte Diskussionsmöglichkeiten. Die, die es gab, wurden sehr stark durch die Moderation kontrolliert, so dass eigentlich gar keine wirkliche kontroverse Diskussion möglich war. Dabei hätte es genügend Punkte gegeben, welche notwendig gewesen wären zu diskutieren. Ähnlich wie bei vergleichbaren Konferenzen und Kongressen in Deutschland wurde zwar (begrenzt) diskutiert, jedoch wurden keine gemeinsamen Beschlüsse über Forderungen und gemeinsame Aktionen gefasst. Es bleibt genauso unklar wie davor, was Charakter und Ziel einer Bewegung gegen die NATO sein sollen und welche Schritte gegangen werden müssen, um diese international aufzubauen. Perspektiven, wie wir aktiv über das Wochenende hinaus unsere Anstrengungen in der Aktion vereinen können, wurden vom offiziellen Programm nicht aufgeworfen, geschweige denn direkt geplant.

Auch politisch-inhaltlich gab es einige haarsträubende Äußerungen: Dominiert war der Gegengipfel vor allem von Forderungen gegen die USA. Diese sorge dafür, dass Europa bei der Verteidigung nicht „souverän“ sei. Deshalb müsse v. a. die USA und die NATO als ihr verlängerter Arm aus Europa gedrängt werden. Diese Perspektive ignoriert jedoch vollkommen die Interessen des „eigenen“ Imperialismus, der sehr wohl auch ohne die USA aufrüsten würde, als Resultat seiner eigenen Stellung in der imperialistischen Blockbildung. Dabei die „Souveränität“ der EU, Frankreichs, Belgiens oder Deutschlands zu fordern, kommt einer Unterordnung unter den eigenen Hauptfeind gleich: Dieser steht nämlich immer noch nicht im eigenen „Block“, sondern in erster Linie im eigenen Land!

Abschluss

Am darauffolgenden Sonntag, dem 22.06., fand ein Treffen internationalistischer und sozialistischer Kräfte statt. Dieses war einberufen worden von RSP und ROOD. Insbesondere letzteren sind wir sehr dankbar dafür, uns eingeladen zu haben, und für die solidarische Zusammenarbeit! Dieses Treffen war vor allem durch reformistische, zentristische und vereinzelt stalinistische Kräfte geprägt, bot aber im Vergleich zum v. a. kleinbürgerlich geprägten Gegengipfel eine bessere Grundlage für produktiven Austausch.

Auch wenn es nur bei der Vorstellung der Organisationen und ihrer Arbeit in verschiedenen Ländern geblieben ist, wurden so Kontakte ausgetauscht für gemeinsame weitere Schritte. Diese müssen aber auch gegangen werden, um eine schlagkräftige Bewegung gegen die NATO aufzubauen. Wie wir auch auf dem Treffen argumentiert haben, treten wir deswegen für eine internationale (Jugend-)Konferenz ein, auf welcher sich auf gemeinsame Forderungen und Aktionen zur Durchsetzung unserer Ziele bindend geeinigt wird, um linke Jugendliche, Arbeiter:innen und Unterdrückte und ihre Organisationen im Kampf gegen diese Entwicklung in der Aktion zu vereinen.

Die anschließende Demonstration brachte etwa fünf bis siebentausend Menschen auf die Straßen Den Haags. Außerdem fanden während des Gipfels auch weitere Gegenaktionen und Blockaden statt, bei denen die Polizei mit brutaler Repression vorging und über 200 Personen festnahm. Hier zeigten die Bullen des Trump-Fans Rutte ihr wahres Gesicht.

Trotz dieser massiven Repression blicken wir auf ein Wochenende voller positiver und solidarischer Diskussionen zurück, das mit einem kraftvollen gemeinsamen Ausdruck bei der Demonstration beendet wurde. Wir freuen uns auf eine weitere Vertiefung der Zusammenarbeit mit den internationalen Genoss:innen und einen starken Kampf gegen Militarisierung, Krise und imperialistischen Krieg! Auf zum Sturz des Imperialismus!

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