In unserer Serie „Kommunist_Innen gucken Netflix“ diskutieren wir aktuelle Filme und Serien aus kommunistischer Perspektive. Im diesem Teil beschäftigen wir uns mit dem Kinofilm „Die Känguru-Chroniken“ (auch wenn es ihn leider nicht auf Netflix gibt). Wer kennt sie nicht, die Geschichten von dem lustigen, kommunistischen Känguru, das mit dem anarchistischen Kleinkünstler (tut mir leid, natürlich kein Kleinkünstler!) zusammenlebt? „Bis zur Revolution können sie Freunde sein, danach wird es natürlich schwierig.“ Besitzansprüche gelten dem Känguru als konterrevolutionär, denn „mein dein, das sind doch bürgerliche Kategorien“!
Zwischen Herthas Kneipe und dem Dwigs-Tower
Der Film von Dani Levy ist an die Bücher von Marc-Uwe Kling („Die Känguru Chroniken“) angelehnt, verfolgt aber nicht exakt dieselbe Handlung. Wenn ihr also eine deckungsgleiche Verfilmung der Hörbücher erwartet, werdet ihr auf jeden Fall enttäuscht sein. Dafür lässt der Film aber auch mit der ein oder anderen Überraschung aufwarten, die wir hier natürlich nicht spoilern werden. Ansonsten erfahren wir wie Marc-Uwe und das Känguru zusammengefunden haben, wer sonst noch so im Haus wohnt und lernen natürlich die Menschen aus Herthas Eckkneipe kennen: Friedrich Wilhelm und Otto Von, die beiden Kioskbesitzer, Hertha, die Urberlinerin aus der Kneipe und Maria, die freundliche Hackerin und Marc-Uwes Schwarm von nebenan. Dabei prügeln sich alle regelmäßig mit Nazis (beziehungsweisen „Patrioten“) , Marc-Uwe betrinkt sich mit seinem Psychotherapeuten und alle versuchen gemeinsam Jörg Dwigs, den Immobilienspekulanten und Vorsitzenden einer an die AfD angelehnten Partei, davon abzuhalten, ihr Haus räumen zu lassen.
Wie kommunistisch ist das Känguru wirklich?
Im Allgemeinen zeichnet sich der Kommunismus des Kängurus eher durch linke Phrasen als durch revolutionäre Taten aus. Politik macht das Känguru eigentlich nur, wenn es zu seinem eigenen kurzfristigen Vorteil ist. Solange Schnapspralinen da sind und Nirvana läuft, sieht es eigentlich keinen Handlungsbedarf, gegen die gesellschaftlichen Verhältnisse vorzugehen. Wenn ihm dann doch mal was am Kapitalismus nicht passt, reagiert es auch eher mit unkoordinierten spontanen Hau-Drauf-Aktionen. Kollektive Organisierung und der Aufbau von Gegenmacht hin zur gesamtgesellschaftlichen Befreiung scheinen das Känguru weniger zu interessieren, deshalb würden wir es eigentlich eher als selbsternannten Individualanarchisten und nicht als Kommunisten bezeichnen. Natürlich hat das Känguru irgendwo recht, wenn es „mein“ und „dein“ als bürgerlicher Kategorien bezeichnet. Im Kommunismus geht es aber nicht darum, sich in einer fremden Wohnung einzurichten und Leuten ihre Schnapspralinen zu klauen, sondern vielmehr darum, die Eigentumsfrage an den Produktionsmitteln zu stellen.
Lieber #Enteignen statt Häuserkampf mit dem Känguru
Immerhin zeigt uns der Film, dass es sich immer lohnt zu kämpfen, denn als die Hausbewohner_Innen erfahren, dass ihr Haus abgerissen werden soll, schließen sie sich zusammen, um dieses zu retten. Zusammen finden sie dann auch Mittel und Wege, um gegen die Räumung vorzugehen. Leider nicht durch eine klassenbewusste Bewegung aus Mieter_innenkomitees und Gewerkschaften, die sich durch Besetzungen, Mietstreiks und Vollversammlungen kollektiv gegen den Abriss des Hauses und den Ausverkauf ihres Kiezes wehrt. Das Känguru interessiert sich ja schließlich auch nur für seine eigenen 4 Wände. Durch eine kleine Schauspielnummer als Architekt und einem Computer-nerd, der durch ein bisschen flirten von Maria abgelenkt wird, kann der Abriss letztendlich aber doch noch verhindert werden – mit Klassenkampf hat das nur leider nichts zu tun. Ein paar Nazis Streiche zu spielen ist zwar ein Schritt in die richtige Richtung, vertreibt jedoch den gesamtgesellschaftlichen Rechtruck und die Immobilienspekulant_Innen nicht dauerhaft aus Kreuzberg und führt noch lange nicht zur Revolution. Dies zeigt sich auch dadurch, dass nicht mal angestrebt wird die Immobilienfirma zu enteignen, sondern nur verhindert werden soll, dass ein einzelnes Haus abgerissen wird. Dementsprechend wird auch keine Verbindung mit den Arbeiter_Innen der Firma eingegangen.
Fazit
Zusammenfassend freuen wir uns, dass es in einem Mainstream-Film selbsternannte Kommunist_Innen gibt, die ausnahmsweise mal nicht die Bösen sind. Selbst wenn der Kommunismus des Kängurus nichts mit dem Kommunismus zu tun hat, für den wir kämpfen, macht der Film trotzdem Spaß – eine wirklich nette Abwechslung zu Hollywoodproduktionen. Als letzte Anmerkung stellt der Film für uns aber auch eine gewisse Liebeserklärung an Berlin dar: so viele Menschen aus Berlin kennen genau diese Urberliner-Kneipen, wie die von Hertha, wo einem 2.000 Jahre alte Erdnüsse und Salzstangen, Bier und Futschi serviert werden und die Leute, denen es dreckig geht, solidarisch zusammenhalten. Berlin wird in diesem Film nicht zur trendigen Hipsterstadt glorifiziert, sondern begegnet uns so, wie viele von uns es kennen und es sich manchmal wünschen. Politisch hat uns das Känguru jedoch nicht überzeugt und wir bleiben lieber bei unserem revolutionären Programm. Bei all den Lachern und dem guten Entertainment besteht Kommunismus leider nicht immer nur aus Trinken mit dem Psychotherapeuten und ganz viel Spaß sondern auch aus harter politischer Arbeit.