Tönnies enteignen! Ausbeutung von Mensch und Natur stoppen!

Über 1500 Arbeiter_innen haben sich in Nordrhein-Westphalen durch ihre Arbeit in der Schlachtfabrik „Tönnies“ mit Covid19 infiziert, Tendenz steigend. Schon vor einigen Wochen kam es zu den ersten Corona-Fällen im Betrieb, doch der Konzern hat seine Fleischproduktion munter weiter hochgefahren. Auch bei anderen Fleischproduzenten in Niedersachsen wie Wiesenhof und Danish Crown kam es zu weiteren Infektionsausbrüchen. Dass es zu erneuten Masseninfektionen in Deutschland gekommen ist, bleibt ein Ergebnis der Lockerungs- und Öffnungspolitik, die die Groko mit Unterstützung aller anderen Parteien auf Druck der Wirtschaft und der internationalen Konkurrenz durchgezogen hat. Profite zählen hier also mehr als unsere Gesundheit!

Dass sich an dieser Logik orientiert wird, zeigen auch die miserablen Arbeitsbedingungen und die massive Ausbeutung von Mensch und Natur in den Schlachthöfen. Tiere, die ein ähnliches Intelligenzlevel wie ein 3-jähriges Menschenkind haben, werden dort unter großem Leid im Sekundentakt geschlachtet und von Arbeiter_Innen am Fließband in bis zu 12 Stunden langen Schichten in ihre Einzelteile zerlegt. Die meisten der Arbeiter_Innen in der Fleischindustrie stammen aus Osteuropa. Das geringe Lohnniveau an der Peripherie der EU wird von den Fleischproduzenten genutzt, um die Arbeiter_innen hier mit unter dem Mindestlohn liegenden Gehältern abzuspeisen. Durch Werkverträge und ein raffiniertes System aus Subunternehmen werden Arbeitsstandards systematisch umgangen. Noch dazu werden die Arbeitsmigrant_Innen in rattenbefallenen und verschimmelten Sammelunterkünften untergebracht. Die Kosten für diese menschenunwürdigen Behausungen sowie der Transport in die Fabrik werden ihnen dann auch noch vom ohnehin geringen Lohn abgezogen.

Viel zu spät wurden nun Quarantänemaßnahmen vor Ort ergriffen. Die Empörung der Parteien, die sich jetzt über die schlimmen Bedingungen in der Fleischindustrie zu Wort melden, ist nichts weiter als blanker Hohn. So waren die Arbeitsbedingungen und die schonungslose Ausbeutung von Arbeitsmigant_Innen in der Fleischindustrie als auch in der Landwirtschaft, in der Logistikbranche oder im Bau- und Gastronomiegewerbe schon lange bekannt. Zudem haben sie mit der Agenda2010 diese Arbeitsbedingungen legalisiert und damit überhaupt erst möglich gemacht. Ebenso waren sie es, die dem Druck der Unternehmen nachgegeben haben, den Lockdown zu beenden.

Die Aufforderung von Grünen, NGOs und Tierschutzverbänden an die Verbraucher_Innen kein „Billigfleisch“ mehr zu kaufen, stammt von Leuten, die sich das Bio-Demeter-Schnitzel ohne Probleme leisten können. Für viele Lohnabhängige in Deutschland ist das jedoch keine Option. Außerdem sind in ökologischen Schlachtbetrieben zwar häufig die Lebensbedingungen der Tiere ein wenig besser, jedoch ist damit noch nichts über die Arbeitsbedingungen im Betrieb gesagt. Mit ihren neoliberalen Lösungsvorschlägen verschieben die Grünen zudem die politische Verantwortung für einen nachhaltigen Umgang mit der Natur, für die Aufrechterhaltung von Hygienemaßnahmen und für die Einhaltung von Arbeitsstandards von der Gesellschaft auf den_die individuellen Konsument_In.

Auch wenn sich Linkspartei, SPD und Gewerkschaften nun durchgerungen haben, durch die gestiegene öffentliche Aufmerksamkeit einige sinnvolle Forderungen aufzustellen, bleibt das Problem die kapitalistische Profitlogik. Solange ein Betrieb möglichst schnell möglichst viel Profit abwerfen muss, wird dies immer zu Lasten von Mensch und Natur gehen; irgendwo muss der Profit ja schließlich herkommen. Die einzige Möglichkeit ist es also, den Betrieb zu enteignen und unter Arbeiter_Innenkontrolle zu stellen. So können die Beschäftigen selbst Arbeits- und Tierschutz überwachen und die Produktion den tatsächlichen Bedürfnissen anpassen.

Dies ist ein notwendiger Schritt, hin zu einer global und demokratisch geplanten Wirtschaft, die sich nach den Bedürfnissen von Mensch und Natur ausrichtet und nicht nach dem Zwang, Profit zu erwirtschaften. Im Rahmen einer solchen Wirtschaftsordnung wäre es dann auch möglich, große Teile der Produktion von Fleisch- und Milchprodukten systematisch in pflanzliche Ersatzprodukte zu transformieren. Dies ist notwendig, da das aktuelle irrationale Ausmaß der Tierproduktion dem Fortbestand der Menschheit und ihrer weiteren Entwicklung objektiv entgegensteht. So zählt die Tierproduktion zu den größten CO2-Produzenten und den größten Nutzern landwirtschaftlicher Flächen. Würde der menschliche Kalorienverbrauch fast vollständig mit pflanzlichen Produkten abgedeckt, würden ca. 75% der landwirtschaftlichen Nutzfläche überflüssig und könnten renaturiert und aufgeforstet werden, um mehr natürliche CO2-Senken zu schaffen. Sobald nicht mehr Lobbypolitik und die Zurückhaltung von Forschungsgeldern die Wissenschaft blockieren, wäre ebenso der Weg frei, um umfangreich an pflanzlichen Ersatzprodukten sowie Fleisch, Milch und Käse aus Zellkulturen zu forschen.

Ebenso haben die Corona-Pandemie, aber auch frühere Pandemien wie die Vogelgrippe oder die Schweinegrippe, einen tierischen Ursprung, ganz abgesehen von den unmittelbaren gesundheitlichen Schäden, die durch den übermäßigen Verzehr der Tierprodukte für den Menschen entstehen. Damit also nicht auch die menschliche Gesundheit existenziell bedroht wird, muss der Mensch ein neues Verhältnis zum Umgang mit Natur und Tierhaltung finden.

Ähnlich wie Kohleenergie waren Tiere in der Entwicklungsgeschichte der Produktivkräfte eine notwendige Ressource. Heute sind Kohleenergie, Tierausbeutung sowie die Ausbeutung menschlicher Arbeitskraft theoretisch überflüssig geworden und stehen sogar der weiteren gesellschaftlichen Entwicklung objektiv entgegen. Für die betreffenden Arbeiter_Innen muss dies neben einer Verbesserung der allgemeinen Arbeitsbedingungen und einer Anhebung der Löhne auch kostenlose Umschulungangebote z.B. für die Produktion von pflanzlichen Produkten bedeuten!

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